Das Verhalten einer Person zu verstehen, ist ein komplexes Thema. Meist ändern sich die Präferenzen eines einzelnen Menschen schon innerhalb eines Tages mehrfach. Angesichts dessen vereinfacht die Wirtschaftswissenschaft das menschliche Verhalten und spricht dabei vom Homo oeconomicus.
Homo oeconomicus – Definition und Erklärung:
Der Homo oeconomicus, auch rationaler Agent genannt, handelt stets nutzenorientiert. Dabei maximiert er seinen Nutzen. Das bedeutet, er wählt aus verschiedenen Alternativen immer diejenige aus, welche den höchsten Nutzen stiftet. Folglich ist er in der Lage, aus den ihm gebotenen Alternativen eine Präferenzordnung zu erstellen.
Innerhalb dieser Präferenzordnung werden alle Alternativen verglichen. Dabei lässt sich beim Vergleich zweier Alternativen immer feststellen, welche präferiert wird oder ob der Entscheider indifferent zwischen ihnen ist. Folglich kann der rationale Agent alle Alternativen in eine Reihenfolge bringen: Die mit dem größten Nutzen steht an erster Stelle und die mit dem niedrigsten an letzter Stelle der Präferenzordnung.
Wenn der rationale Agent entscheidet, wählt er immer die Alternative, welche in seiner Präferenzordnung am weitesten oben steht. Eine weitere Annahme im Homo-oeconomicus-Modell ist die Rationalität. Diese besagt, dass die Präferenzordnung bestimmte Bedingungen erfüllt.
Einerseits muss sie vollständig sein. Dies bedeutet, jede Alternative muss sich in die Präferenzordnung einfügen lassen. Andererseits muss diese Präferenzordnung bestimmte logische Kriterien erfüllen, die im Abschnitt zum wirtschaftswissenschaftlichen Modell genauer erläutert werden.
Homo oeconomicus – Grundvoraussetzungen für das Modell
In den Wirtschaftswissenschaften ist ein genaues Modell für den Homo oeconomicus formuliert. Dabei wird festgelegt, welche Bedingungen die Präferenzordnung für einen rationalen Agenten erfüllen muss. Werden diese Bedingungen nicht erfüllt, ist die Person mit einer solchen Präferenzordnung nicht rational (handelnd).
Erstens muss die Präferenzordnung vollständig sein. Der rationale Agent muss folglich alle Alternativen in die Präferenzordnung einfügen können. Zweitens muss er zwischen zwei Alternativen indifferent sein, wenn diese dieselben sind. Wie das Framing zeigt, ist diese Annahme besonders problematisch. Eine andere Präsentation der Alternative lässt viele Menschen nämlich anders über sie urteilen.
Die dritte Annahme ist die Transitivität: Wenn Alternative A Alternative B und Alternative B wiederum Alternative C vorgezogen wird, muss der rationale Agent ebenso Alternative A der Alternative C vorziehen. Außerdem muss er zwischen A und C indifferent sein, wenn er zwischen A und B sowie zwischen B und C indifferent ist.
Homo oeconomicus: Kritik an dem Modell in der Praxis
Die Annahme der Existenz des Homo oeconomicus wird häufig kritisiert. So kommt es in der Praxis selten vor, dass ein Mensch ausschließlich nutzenmaximierend handelt. Jeder Mensch ist ein soziales Wesen und interessiert sich ebenso für seine Mitmenschen.
Diese Kritik kann jedoch von Anhängern des Homo-oeconomicus-Modells gekontert werden. Schließlich kann der Nutzen, den ein Mensch durch die Wahl einer Alternative erlangt, von dem Wohl anderer Menschen abhängen. Dann maximiert der rationale Agent zwar seinen eigenen Nutzen. Da dieser jedoch vom Nutzen der Mitmenschen abhängt, ist er keineswegs egoistisch.
Trotzdem gibt es einige weitere Probleme des Homo-oeconomicus-Modells. Die meisten Menschen sind nicht in der Lage, eine Präferenzordnung über alle Alternativen zu bilden.
Wenn einem Menschen zwei Alternativen vorgelegt werden, weiß dieser häufig gar nicht, welche bevorzugt wird oder ob er indifferent zwischen beiden ist. Außerdem ist der Mensch nicht rational. Dies bedeutet, seine Präferenzordnung genügt nicht den erwähnten logischen Kriterien.
Beispiele für manipulative Elemente in Wirtschaft und Medien
Ein Beispiel hierfür ist das sogenannte Framing. Dieses besagt, dass die Darstellungsweise einer Alternative, Einfluss auf die Entscheidung eines Menschen hat, obwohl die Alternative an sich dieselbe bleibt. Zum Beispiel lässt sich einem Menschen die Frage stellen, ob er Gemüse oder zu 90 Prozent mageres Fleisch vorzieht.
Viele entscheiden sich hierbei wohl für das Fleisch. Andererseits hätte auch gefragt werden können, ob Gemüse oder Fleisch mit zehn Prozent Fett vorgezogen wird. Durch die negative Assoziation mit dem Fett hätten hier vermutlich deutlich weniger das Fleisch gewählt. Dies ist jedoch irrational, weil es einer logischen, in sich geschlossenen Präferenzordnung widerspricht.
Häufige Fragen:
Was ist der Homo oeconomicus einfach erklärt?
Der Homo oeconomicus beschreibt ein Modell aus den Wirtschaftswissenschaften, das menschliches Entscheidungsverhalten erklärt. Der Mensch handelt in diesem Modell nutzenmaximierend und wählt immer die Alternative, welche ihm den höchsten Nutzen stiftet. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass menschliches Entscheidungsverhalten deutlich komplexer ist.
Fazit der Redaktion: Gibt es den Homo Oeconomicus?
Um einfache Phänomene zu erklären, genügt sicherlich das Homo-oeconomicus-Modell. Schließlich handeln Menschen in gewissem Maße rational und maximieren ihren Nutzen. Bei der Wahl zwischen 100 und 200 Euro, würde wohl fast jeder die 200 Euro nehmen. Bei komplexeren Entscheidungen genügt das Modell allerdings nicht mehr. Hier sind kompliziertere Modelle notwendig.